Beim ersten Erwachen in der Morgendämmerung habe ich einen wunderbaren Ausblick auf den Tay und die Eisenbahnbrücke.
Habe lange ausgeschlafen und setze mich erst gegen 10 Uhr an den Frühstückstisch. Ich bin aber nicht der Letzte. Gleich nach mir kommen 2 Gruppen kreischender Frauen, bereits da sind die kinderreichen Familien. Dann erscheinen auch noch die noch immer nicht ausgenüchterten Jungmännergruppen und schlussendlich eine Mutter und ein Vater in meinem Alter, mit Tochter und 7. Grosskind
Schönes Gespräch über Schottland, das Weltgeschehen und die ewige Brexit und EU-Londonergeschichte.
In nicht allzugrossem zeitlichen Abstand fahren der Caledonian-Sleeper (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Caledonian_Sleeper), der neue Nachtzug aus London nach Aberdeen (https://www.sleeper.scot), sowie ein imposanter Dampfzug in den Bahnhof ein. Leider sehe ich Werder die jeweilige Einfahrt, noch bin ich rasch genug aus dem Hotelzimmer im Bahnhof unten um die Züge von Nahem bestaunen zu können.
Spaziergang zum ehemaligen Hafen am Ufer des Tay.
Es gibt allerdings nur noch ein Segelschiff, das halbwegs am Trockenen sitzt zu sehen. Der Ausrüsterhafen der Schiffe zu den Öl- und Gasbohrtürmen liegt jetzt weiter draussen.
Entstanden ist an vorderster Front nun aber das erste erste Designmuseums in Schottland (https://www.vam.ac.uk/dundee). Mächtig viel Volk hier, also laufe ich nur rein bis zur Kasse und rundherum.
Um 14 Uhr fahr ich mit dem Eilzug über den Tay (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Tay), den längsten Fluss Schottlands, der hier eher schon Meer ist.
Im kleinen 1. Klasseabteil des Zugs werden unaufgefordert Kaffee, Dessert und Mineralwasser werden serviert.
Ich erinnere mich daran, wie wir vor 50 Jahren in der Sekunderschule Saanen-Gstaad, Stunden-, ja Tagelang an Theodor Fontane‘s (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Theodor_Fontane) Ballade “Die Brück‘ am Tay“ (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Die_Brück’_am_Tay), geübt haben. Sie handelt vom Einsturz der Firth-of-Tay-Brücke in Schottland am 28. Dezember 1879, der mit einem Eisenbahnzug 75 Menschen in den Tod riss.
„Wann treffen wir drei wieder zusamm?“
„Um die siebente Stund, am Brückendamm.“
„Am Mittelpfeiler.“
„Ich lösche die Flamm.“
„Ich mit.“
„Ich komme vom Norden her.“
„Und ich vom Süden.“
„Und ich vom Meer.“
„Hei, das gibt einen Ringelreihn,
Und die Brücke muß in den Grund hinein.“
„Und der Zug, der in die Brücke tritt
Um die siebente Stund?“
„Ei, der muß mit“
„Muß mit.“
„Tand, Tand
Ist das Gebilde von Menschenhand!“
Und die Brücknersleut, ohne Rast und Ruh
Und in Bangen sehen nach Süden zu,
Sehen und Warten, ob nicht ein Licht,
Übers Wasser hin „Ich komme“ spricht,
„Ich komme, trotz Nacht und Sturmesflug,
Ich, der Edinburger Zug.“
Und Johnie spricht: „Die Brücke noch!
Aber was tut es, wir zwingen es doch.
Ein fester Kessel, ein doppelter Dampf,
Die bleiben Sieger in solchem Kampf,
Und wie’s auch rast und ringt und rennt,
Wir kriegen es unter: das Element.“
Und unser Stolz ist unsre Brück;
Ich lache, denk ich an früher zurück,
An all den Jammer und all die Not
Mit dem elend alten Schifferboot;
Denn wütender wurde der Winde Spiel,
Und jetzt, als ob Feuer vom Himmel fiel’,
Erglüht es in niederschießender Pracht
Überm Wasser unten… Und wieder ist Nacht.
„Wann treffen wir drei wieder zusamm?“
„Um Mitternacht, am Bergeskamm.“
„Auf dem hohen Moor, am Erlenstamm.“
„Ich komme.“
„Ich mit.“
„Ich nenn’ euch die Zahl.“
„Und ich die Namen.“
„Und ich die Qual.“
„Hei!
Wie Splitter brach das Gebälk entzwei.“
„Tand, Tand
Ist das Gebilde von Menschenhand!“
Auf der anderen Seite der Mündung beziehungsweise des Fjords des Tay, fährt der Zug mehrere Hügel hoch. Wunderbare Landschaft, intensives Grün und Gelb, bestes Ackerland, Teiche und Sümpfe.
Dann geht es wieder runter nach Kirkcaldy und Inverkeithing zur 45 Kilometer langen Mündung beziehungsweise zum Fjord des Forth (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Forth_(Firth_of_Forth)).
Hier muss ich umsteigen auf den Regionalzug um auf der anderen Seite des Forth in Dalmeny aussteigen zu können.
Durch schöne Villenviertel des Edinburger Vororts Dalmeny und teils auf dem heutigen Radweg der früheren Eisenbahnlinie zum Fähranleger spaziere ich runter zum Wasser. Bald einmal werden Teile und schliesslich die ganze gigantische Eisenbahnbrücke (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Forth_(Firth_of_Forth)) über den Forth sichtbar.
Die Brücke ist über 2.5 Kilometer lang und war bei ihrer Eröffnung im Jahr 1890 die erste vollständig aus Stahl hergestellte Brücke. Ich schaue mir die Brücke wohl zu intensiv an bzw schaue nicht auf den Weg.
Ein kleines Loch, mein rechtes Knie hält dies nicht aus, ich stürze, roter Lebenssaft verschmutzt meine gerissenen Jeans – ich ärgere mich mal wieder gewaltig über mich selbst!
Muss mich auf eine nahe Parkbank setzen, die Blutung stillen, untätig sein und die Aussicht auf die Brücke und die sie querenden Züge sitzend geniessen. Dies hat auch ein Gutes: ‚die Sonne spielt mit der Brücke‘, alle paar Minuten ist die Brücke in ein anderes Scheinwerferlicht gesetzt.
Schliesslich laufe ich runter zum Museum, Schiffsanleger, zur Seenotrettungsstelle und zu den Denkmalgaststätten. Es ist ein Rummel. Aber ich bin zu spät für eine Schiffstour rund um die Pfeiler der Brücke. Gegenwärtig finden übrigens erste Bauarbeiten statt, um inskünftig interessierte Besuchergruppen auf einem Unterhaltsweg unter der Eisenbahnfahrbahn ein Stück weit auf die Brücke hinaus zu führen (http://www.forthbridgeexperience.com/latest-updates/2017/april/forth-bridge-poised-to-give-visitors-the-climb-of-their-life).
Henusode, das gibt mir einen weiteren Grund, nochmal hierher nach Schottland zu reisen!!!
Die Brücke ist übrigens auch UNESCO-Welterbe!
Ich spaziere einen anderen Weg zurück. Erklimme auf 110 bis zu 40 Zentimeter hohen, unregelmässigen Treppenstufen direkt unterhalb der Brücke wieder die Höhe zu den Bahngleisen.
Habe noch Zeit bis zur Zugsabfahrt, kann also auch noch vom Bahnsteigende aus ein paar interessante Fotos auf die Brücke hin machen.
18.12 fahre ich mit einem Regio
wieder nach Inverkeithing, wo ich umsteigen muss.
Wegen eines Streckenunterbruchs in Newcastle kommt allerding mein Eilzug, vorgesehene Abfahrtszeit um 18.30 nicht. 5 Minuten nach der am Perron angezeigten Abfahrtszeit, verschwindet die Anzeige plötzlich.
Ratlosigkeit bei fast allen Reisenden.
Ein regelmässiger Pendler berichtet mir, der Zug sei Ausfall, dies habe er jetzt gerade aus dem Internet erfahren. Als nächste Verbindung wird jetzt der LNER Expresszug aus London, mit Abfahrt um 18.56 angezeigt.
Der Pendler schreibt eine Kurznachricht an ScotRail. Um 18.50 wird der Expresszug mit 6 Minuten Verspätung angezeigt. Des Pendlers Kurznachricht an ScotRail hat sich aber gelohnt. Ab 18.51 erfolgt alle 2 Minuten eine Lautsprecherentschuldigung, der 18.30 Zug falle aus, die nächste Verbindung nach Dundee-Aberdeen sei um 18.56 bzw 9 Minuten später mit dem LNER-Expresszug.
Tatsächlich mit 10 Minuten Verspätung fährt der mit 2 Triebköpfen 11-teilige InterCity 225 Dieseltriebzug (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Intercity_225) ein. Die Standardklasse sieht überfüllt aus, aber in der Ersten Klasse kriege ich sogar ein Vierercoupé für mich alleine. Alles Volk ist am Füttern! Schon 5 Minuten nach Abfahrt erhalte auch ich 2 vegetarische Wraps, Chips, ein Gefülltes Schmelzbrötchen und Orangensaft.
Kurz nach 20 Uhr zurück in Dundee!
Kurzer Spaziergang, Tagebuch beginnen, Bier in der Hotelbar, Tagebuch fertig stellen und publizieren. Mitternacht ist vorbei!