Werde nach einer kurzen, im Traum sehr intensiven Eisenbahnnacht, schon um 06.30 wach. Strahlendes Frühlingswetter erwartet mich. Duschen, Frühstücken, Packen.
09.07 fährt der gewünschte und gestern gebuchte LNER Diesel-Expresszug ab Dundee gen Süden, Endziel King’s Cross ab. Der eigentlich gewünschte Mittagszug war schon komplett ausgebucht, heute ist ein Bank Holiday (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Bankfeiertag).
Ich sitze noch keine 5 Minuten, sehe grad der verschwindenden Stadt nach und bestaune das Niedrigwasser des Tay, da kommt schon mein 2. Frühstück: ein feincremiges, aber doch recht herbes Naturjoghurt mit Vanille-Rhabarberkompott und ein pampiges Schoggigipfeli. Bei den Getränken entscheide ich mich heute für einen Pfefferminztee und eine Zitronenlimonade.
Herrliches Wetter, schöne Landschaft, bequeme Ledersessel, liebenswürdig-freundliches Personal – was will ich noch mehr. Nach der Überquerung des Forth schlummere ich glücklich mit mir und der Welt bald wieder ein.
Dass wir Edinburgh passieren und dass in meinem Abteil weitere Reisende Platz genommen haben, bekomme ich erst beim Aufwachen mit.
Fotos und Smalltalk, leider muss ich schon bald den Zug verlassen.
Um 11.56 Uhr Ortszeit erreiche ich Newcastle.
Die Türen meines 30-jährige HST-Zugs (https://en.m.wikipedia.org/wiki/British_Rail_Class_43_(HST)) sind noch immer nicht erneuert worden. Noch immer muss der Reisende der Aussteigen will, nach dem Stillstand des Zugs im Bahnhof, das Fenster öffnen und die Türe mit einem beherzten Griff nach Draussen selber öffnen, möglichst ohne Rauszufallen.
Bahnhofsrundgang: Neben meinem Zug steht ein neuer Azuma bereit. Diese Bi-Mode-Züge (Diesel- und Elektroantrieb) von Hitachi aus Japan (https://www.lner.co.uk/tickets-savings/the-best-way-to-travel/azuma-is-coming/) sollten seit mehreren Jahren endlich in Dienst gestellt werden und die alten dieselbetriebenen Hochgeschwindigkeitszüge ablösen.
Am südlichen Ende wartet eine Diesellok der Deutschen DB Cargo (https://uk.dbcargo.com/rail-uk-en). Die Lok wird gemäss Eisenbahnfans, immer wieder und nur für das Abschleppen liegengebliebener Züge verwendet.
Die Polizei schützt den Bahnhof mit aufgesetztem Helm und bewaffnet mit Maschinengewehren.
Die Füllstandsanzeige der Reisezugwagen an den Zugabfahrtsanzeigen finde ich ein gutes System. So sehen wartende Reisende ohne Platzkarten sofort, wo sie am ehesten einen Sitzplatz finden.
Habe mir im hiesigen Sleeperz-Hotel (https://www.sleeperz.com),
am nördlichen Ende des Bahnhofs, knappe 5 Fussminuten entfernt, ein Zimmer mit Kingsbed reserviert. 50 Pfund pro Nacht inklusive Frühstück. Das Zimmer ist schon bereit, ich kann rein.
Ich habe wiederum ein Zimmer mit Aussicht auf ein- und ausfahrende Züge, herrlich!
Leider beginnt es leicht zu nieseln, also mache ich ein kurzes Mittagsschläfchen, bevor ich mich in eine meiner Freiwilligenarbeiten vertiefe und nebenher die Interessantesten der Züge fotografiere.
Leider bin ich in meinem Alter nicht mehr der Schnellste: jedes Mal wenn gemäss dem besonderen Lärm, ein spezieller Zug kommt, verpasse ich ihn, weil ich meine Handykamera nicht griffbereit habe, schade! Ich verpasse ein paar tolle Gleis-Umbauzüge und Ungetüme auf Rädern.
Zwischen 17 und 18 Uhr hat sich das Wetter soweit gebessert, dass ich ohne den Schirm aufzuspannen spazieren gehen kann.
Die Zugsreservationen für den Eurostar können mir die Eisenbahner am Bahnhof hier nicht verkaufen, ich solle anstattdessen telefonieren oder eine Internetbuchung vornehmen. Leider funktioniert die Internetbuchung auch nicht. Ich habe heute Nachmittag im Hotel die Erfahrung machen müssen, dass das System jedes Mal beim versuchten Zahlungsabschluss abstürzt und kleinmütig sorry sagt!
Nicht verzagen, Leben geniessen, ich spaziere durch die obere Stadt am LifeScience-Center vorbei zur obersten Strassenbrücke. Von deren Mitte aus habe ich wunderbaren Ausblick auf die Stadt und die verkehrenden Züge.
Langsam wird es kalt. Das Thermometer sinkt. Morgen soll es hier auch nur noch 6 Grad kalt werden und mehrheitlich regnen.
Ich habe unterdessen aber längstens beschlossen, eine weitere Nacht hier zu bleiben, mir auch noch die restliche Stadt anzuschauen.