23.02.2021, Saharasand oder Smog aus Mailand?

Litten wir früher auch schon so häufig unter dem Saharastaub oder ist dies ein Auswuchs der neueren Zeit, der immer schlimmeren Umweltverschmutzung? Wie dem auch sei, auch heute Morgen ist der Himmel diesig gelb und die Sicht sehr schlecht!

Beim Kaffee vor dem Haus scheisst mir eine Alpendohle, die es offenbar nicht mag von mir bei ihrer Futtersuche ein paar Meter über meinem Kopf gestört zu werden, aufs Haupt. Ich mag die Alpendohlen, die auch Tächa genannt werden ja sehr, schon nur wegen ihrem schön klingenden Gesang, dennoch mag ich dieses Verhalten nicht!

Stefan, ein ehemaliger Eisenbahner, hat mich angefragt, ob ich gemeinsam mit ihm eine Tagesreise machen würde, um das neue, seit dem vergangenen Fahrplanwechsel bestehende Produkt «Treno Gottardo» zu testen und die Heimreise durch die Mesolcina via San BernardinoCoiraLinthebene zu absolvieren.

Habe schlecht bzw nur kurze 3-4 Stunden geschlafen, wie so oft in den letzten 5-6 Wochen. Schon mein Vater hatte früher schlaflose Nächte, in denen er dann aufstand und arbeitete oder über dem Schachbrett nach neuen Lösungen brütete. Auch ich mag jeweils nicht schlaflos liegen bleiben, sondern stehe auf und nutze meine Energie für Nützliches.

Ich freue mich auf die schöne abwechslungsreiche Reise an diesem staubigen, aber wolkenlosen und äusserst milden Februartag.

Also sitze ich um 8.25 Uhr bereits im Adler der Zentralbahn Richtung Meiringen – Brünig-Hasliberg – Luzern.

Normalerweise bestelle ich mir nach der Abfahrt in Brienz einen Kaffee mit Gipfeli aus dem Bistrowagen. Heute funktioniert dies leider nicht. Die Bistrowagen der Zentralbahn stehen immer noch, Pandemie bedingt, in Meringen herum.

Auf dem Brünigpass testet der Bahnmeister mit seiner Crew offenbar gerade neue Schneeschleudern mit einer gewaltigen Wurfweite.

Im Kanton Obwalden ist die Fernsicht recht passabel. Der Lungernsee ist nur gut zur Hälfte gefüllt. Sobald die Schneeschmelze einsetzen wird, wird der See wiederum rasch gefühlt sein.

Der Sarnersee ist glatt, frühlingshaft schön und platschvoll.

Um 10 Uhr treffe ich in Luzern auf Stefan, der aus Bern angereist ist. In einem Smile bzw Giruno. In einem weiteren Superzug des schweizerischen Herstellers von Schienenfahrzeugen Stadler, der unterwegs von Basel nach Mailand ist, fahren wir nach Arth-Goldau.

Ich verzichte gerne darauf, den Zug hier noch einmal näher zu beschreiben und zu fotografieren. Dies habe ich nämlich bereits am 24. September 2016 anlässlich meines Besuchs der InnoTrans in Berlin gemacht.

Die Fahrt in der Reussebene nach Rotkreuz — Immensee und entlang dem Zugersee nach Arth-Goldau gefällt mir immer sehr.

Umsteigen im Keilbahnhof Arth-Goldau auf den Treno Gottardo, Das dritte heutige Top-Produkt aus dem Hause Stadler hat die Bezeichnung TRAVERSO.

Die Züge sind eine Weiterentwicklung, des von der Firma Stadler ursprünglich auf die Schiene gestellten, erfolgreichsten S-Bahn Triebzugs FLIRT (1‘694 verkaufte Einheiten bis Ende 2020).

Unser Treno Gottardo verkehrt vorderhand nur bis Bellinzona. Die schweizerische Südostbahn SOB hat die Züge für diesen Service neu gekauft.

Im Gegensatz zu den Zügen der zweitgrössten schweizerischen Reisezugsfirma, der BLS (Bastel Lädeli Spiez bzw Bern-Lötschberg-Simplon) sind die Züge der SOB sehr bequem. In der ersten Klasse sind die Fahrzeuge mit einer Bestuhlung von 1+2 und auf den erhöhten Podesten bei den Wagenübergängen sogar 1+1 möbliert!

In ruhiger aber doch steter Fahrt rollen wir durch den Schwyzer Talkessel,

dann entlang dem Vierwaldstättersee

Begegnung eines Giruno der aus dem Gotthard Basistunnel in Fahrtrichtung Norden ‘geschossen’ kommt

und ab Erstfeld über den Berg.

Der entgegen kommende TRAVERSO scheint auch Maske zu tragen 😷
Wer kennt sie nicht, die Kirche von Wassen die von Eisenbahnreisenden von 3 Ebenen aus gesehen werden kann?! Hier auf der Ebene 0.

Lustig mutet an, dass in der Fahrtinfo des online Fahrplans der SBB für die Strecke zwischen Göschenen und Airolo hingewiesen wird, dass dieser Scheiteltunnel die «Gotthard-Panoramastrecke» sei.

Während der Zug auf der Nordrampe der Gotthardstrecke zwischen Erstfeld und Göschenen nirgends anhält, wird nach einem knapp 20 Minuten langen Aufenthalt (nur bis 04.04.2021) in Airolo,

auf der Südrampe jeder „Misthaufen“ bedient.

Ab 5. April 2021 wird der Zug im Stundentakt ab Zürich HB bzw Basel SBB über die Gotthard Berg- bzw Panoramastrecke nach Locarno verkehren.

Heute erreichen wir Bellinzona um 13.18 (die Fahrplanzeiten ändern am 5. April 2021). Etwas mehr als 20 Minuten bleiben uns für einen kurzen WC-Halt und Getränkekauf. Der Bahnhof scheint unterdessen fertig ausgebaut zu sein. Wie im Tessin seit Jahrzehnten üblich, steht der motorisierte Individualverkehr wiederum an erster Stelle, die Bushaltestellen liegen schön versteckt neben dem Bahnhof.

Der Doppelstockbus von Postauto Schweiz fährt auf die Sekunde pünktlich ab, kurvt durch Quartiere und an den Officine FFS, den Unterhaltswerkstätten der SBB vorbei.

Erinnerst du dich an 2008? Hier in dieser Hauptwerkstätte streikten SBB Personale wochenlang und schliesslich recht erfolgreich gegen die überheblichen SBB Direktoren aus der Deutschschweiz.

Kurz nur steckt der Bus im hier üblichen Stau fest

bevor es auf der Autobahn nordwärts geht.

Die Ruderi Mesocco, die Ruinen des Castello Mesocco, sind schon von weitem sichtbar und immer wieder sehr beeindruckend.

Immer noch stehen auch die Ruinen des Bahnhofs und der Hauptwerkstätten der Misoxer-Bahn und vermitteln einen himmeltraurigen Eindruck. Diese schöne Bahnlinie, wurde am 28. Mai 1972, mithin vor fast 50 Jahren eingestellt.

Die Busse halten aber immer noch und nur in Mesocco Stazione.

Ist es Mailänder Smog oder Sahara Staub, was uns hier die Aussicht verdirbt?

Nach knapp 50 Minuten Fahrt beziehungsweise 1’350 Höhenmetern erreichen wir San Bernardino. 8 Minuten Aufenthalt, wir bleiben sitzen.

Nun geht es auch schon weiter durch den 6.6 km langen San Bernardino Strassentunnel.

Strahlendes Sonnenlicht empfängt uns in Hinterrhein, auf der Alpennordseote. Beim Blick Richtung Westen erinnere ich mich an schöne Bergtouren aufs Rheinwaldhorn, an den Vogelbärg und das Güferhorn, inklusive Übernachtungen in der Zapporthütte.

An jeder Bushaltestelle steigen nun gebräunte und müde Skitourengeher ein.

Schlucht des Hinterrheins, der anschliessende Sufnersee ist nur noch teilweise gefroren.

In Thusis steigen die meisten Wintersportler aus. Noch bevor wir wieder auf die Autobahn fahren kommt das markante Schloss Baldenstein in unser Gesichtsfeld.

Immer schneller geht nun die Reise auf der Autobahn. An der Vereinigung des Hinterrheins vom Oberalppass her mit dem Vorderrhein vom Rheinwaldhorn liegt Reichenau-Tamins. Der Fluss ist hier aber nicht merkbar grösser geworden. Ausblick auf die Rheinbrücke und Reichenau.

Kurz vor 16 Uhr erreichen wir Chur. Die Postautostation liegt über den Gleisen des Bahnhofs.

Ist das da unten wirklich ein direkter Anschlusszug nach Luzern?

Vorsicht, dieser IR 13 fährt durchs Rheintal nach Buchs — St. Margrethen — St. Gallen und weiter nach Zürich und Luzern. So fit, diese erweiterte Schweizerreise auch noch zu absolvieren bin ich nicht!

Wir haben nur kurz Zeit, um über den Bahnhofplatz zu gehen und in der Confiserie (tönt doch viel mondäner als Konditorei) ein kleines Zvieri zum Mitnehmen zu kaufen.

Unser Intercity nach Zürich ist aber auch so ein Schüttelbecher von Bombardier, ein RABDe 502. In diesen neuesten hochpreisigen Zügen der SBB ist eine einigermassen ruhige Reise nur im Untergeschoss möglich.

Trotz mittlerweilen 25 Monaten „Versuchsfahrten mit zahlenden Kunden“ ist der Zug immer noch störungsanfälliger als jede andere Fahrzeugkategorie der SBB.

Der MDBI (mittlere Strecke zwischen zwei Störungen) lag bei der Betriebsaufnahme bei weniger als 1‘000 Kilometern. Gegenwärtig liegt er wieder bei etwas weniger als 6’000 km, der Durchschnitt bei allen Personenverkehrsfahrzeugen der SBB beträgt hingegen über 11’000 Kilometer.

Die Reise entlang ab Chur — Lanquart — Sargans und entlang dem Walensee verbringe ich in einem „Tagtraum“. Erst in der Linthebene erwache ich wieder.

Blick auf den Obersee, den oberen, östlich des Damms gelegenen Teil des Zürichsees.

Bald darauf fahren wir an der Ufenau, einer der grössten Inseln der Schweiz, im Zürichsee gelegen vorbei.

Autofähre Horgen – Meilen
Einfahrt in den Hauptbahnhof Zürich.

Der Negrellisteg über die Gleisanlagen ist leider noch immer nicht eröffnet worden. Wann im 2021 ist es soweit?

Erneut reise ich entlang dem Zürichsee. Nach einem letzten Ausblick über den See Richtung Osten,

durchquert der Zug zwei Tunnel und fährt durch den Kanton Zug.

Ein Gedanke zu “23.02.2021, Saharasand oder Smog aus Mailand?

  1. Lieber Christoph vielen Dank für den interessanten Bericht Von Deiner Tagesreise. Wir haben mitbekommen, dass es nur In einigen Teilen der Schweiz so stark gelb vom Saharastaub War. Bei uns war es nicht so schlimm! Wir freuen uns, dass Deine Reiselust wieder erwacht ist und Senden Dir viele lieben Grüsse von Ruth und Fred

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