Endlich spielt das Wetter mal wieder mit und ich habe Zeit mit dem 3-Rad aus zu fahren. Ach nein, Schei….benkleister, zwischen 13 und 14 Uhr muss ich zur Behandlung ins Spital in Unterseen.
Deswegen ist es schon 16 Uhr als ich mich endlich in meinem Liegestuhl platziert habe.

Wie es schon der Titel sagt, will ich heute primär die Kegel der in den vergangenen zwei Wochen vom Brienzergrat bis zu den Dörfern hernieder gegangenen Lawinen beobachten. Beim genauen Hinschauen wird klar, dass noch viel mehr Lawinen runter gegangen, zum Glück aber weit oberhalb der Siedlungen und Verkehrswege zum Stehen gekommen sind.

Ohne längere Aufenthalte an den Orten, radle ich zuerst einmal bis kurz vor Niederried. Mit der Sonne im Rücken (hahaha, wo bleibt die Sonne) ist das fotografieren mit dem Handy (Mobilfon) einfacher.

1 Farlouwigraben, 2 Louwigraben, 3 Hirscherenbach (graben), 4 Mattengraben, 5 Minachrigraben, 6 Bolouwigraben

1 Farlouwigraben
Gerade darüber befindet sich das Augstmatthorn (2‘136 MüM). Das Anrissgebiet ist relativ klein, vor allem aber felsig und zerklüftet. Die Anpflanzungen des Schutzwalds gehen wieder bis knapp 1700 Meter rauf.



Während die Strasse noch oben, mehr oder weniger auf gleicher Höhe wie der Bahnhof Oberried verläuft, befindet sich die Bahnstrecke im Abstieg nach Niederried bereits relativ weit unten.

Sie wurde auch dieses Mal von der auf der Strasse stoppenden Lawine verschont.



2 Louwigraben (Kehlengraben)
Am Grat oben befindet sich das Wytlouwihorn (2’106) über Meer und die (ehemalige?) Alp „in Schaffallen‘. Das Anrissgebiet ist relativ gross. Im Trichtereingang zum Louwigraben befindet sich aber eine Felsenformation. Der Graben ist zudem relativ eng und wird immer wieder abgeknickt. Auch der Auslauf des Grabens wird von Bäumen und Buschwerk gesäumt. Die Strecke der Brienzersee Uferbahn verläuft hier in einem Tunnel.



Diese schöne Aussichtsplatz befindet sich grad neben der Strasse, auf der Ostseite des Kehlengrabens.


Bevor ich weiterfahre, kaufe ich im Dorfladen in Oberried, der im ehemaligen Bahnhofsgebäude untergebracht ist ein paar Lebensmittel aus einheimischen Produktion.


3 Hirscherenbach (graben)
Das Einzugsgebiet zwischen Blasenhubel 1’965 MüM) und Gummhoren (2’040 MüM) ist relativ weit. Die lockere Bewaldung geht bis auf 1’500 Meter rauf. Je nach Zählweise sind 5-12 deutlich sichtbare Gräben auszumachen, die allesamt in den Hirscherenbach münden. Der Graben führt gerade runter und hat erst unten im flacheren Gebiet des Lawinenkegels einen leichten Knick gegen Süd-Osten.




Westlich des Baches befindet sich im flacheren Teil ein kleiner Schutzwall. Mehr als die Hälfte des Dorfes Oberried liegt auf dem westlichen Teil dieses Lawinenkegels.
Die Konstrukteure und Erbauer der Brienzersee Uferbahn haben den Bahnhof deshalb bewusst nicht in der Dorfmitte, sondern unter dem Schutzwald des Spätigrabens, zwischen dem Dorf auf dem Lawinkegel des Hirscherenbachs und dem Derfli wo der Kehlengrabentunnel gebaut wurde, angelegt.
Die Lawinengräben wurden in meiner Jugend jeweils sofort nach einem Lawinenniedergang ausgeschaufelt und ausgefräst, so dass durch nächste Lawinenereignisse nicht noch grösserer Sachschaden entstehe.










5 Minachrigraben
Der Minachrigraben ist jeweils rasch voll. Eine weitere Lawine könnte die Eisenbahnbrücke überfluten.


6 Bolouwigraben
Die Strasse führt heute in einer Galerie unter der Bolouwi durch. Die Eisenbahnstrecke wurde schon 1912 durch einen Tunnel geführt.


Ebligen — Unterweidligraben
In Ebligen war mir bisher nur die Unterweidligrabenlawine im Gedächtnis. Am 8. Januar 1968 hat eine Staublawine, die durch diesen Graben runter ging, das Bahnhofsgebäude und weitere Häuser in Ebligen stark beschädigt bzw. zerstört.
Zusammen mit meinem Vater und den Grosseltern durfte ich ein paar Tage später, am 17. Januar 1968, die Hinterlassenschaften dieser Lawine besichtigen.

Im Unterweidligraben wurde darauf hin wieder sehr viel aufgeforstet. 180 m über dem Dorf führt heute der Radwanderweg von Oberried nach Brienz, mittels einer Hängebrücke über den Graben.



4 Mattengraben
Der Mattengraben führt am südöstlichen Ende von Ebligen,

vom Tannhoren hinab in den See. Der Graben ist dicht bewaldet und führt nicht geradewegs den Hang runter. Im unteren Teil ist er mit natürlichen Steinquadern eingefasst; Stufen sollen die Geschwindigkeit des Wassers bzw Schnees mindern.

Die Lawine ist dieses Mal in zwei Zungen auseinandergegangen. Die westliche Zunge blieb mehr oder weniger im Bachbett und ist bis in den See hinaus. Das Bachbett ist dadurch teils leer.


Die östliche Zunge der Mattengrabenlouwi ist über freies Land und die Bahnlinie hinweg. Zum Glück ist das Wohnhaus, das sich knapp unterhalb der Bahnstrecke, befindet nicht mehr bewohnt.



Unterdessen dunkelte es schon langsam ein, es ist immerhin 17:45 Uhr. Der heutige Tag ist gegenüber dem kürzestem Tag im Dezember schon fast 2 Stunden länger geworden.
Ich kann es mir trotz der Kälte und der nun rasch hereinbrechenden Nacht nicht verkneifen, unterwegs noch ein paar Mal anzuhalten und ein paar Fotos zu schiessen.




Ruhig und doch Anziehung ausstrahlen und liegt mein heimatliches Brienz vor mir.
Siehst du die Lichter oberhalb vom Dorf?

In Meiringen — Hasliberg ist heute Nacht-Skifahren angesagt.

Ein Gedanke zu “05.02.2021 «Lawinengaffertourismus»”