Die letzten Tage im August waren noch einmal ein Krampf und ein Kampf. Es wurde gedrängelt und geschubst als ginge es ums Leben. Dabei ging es nur darum wer in den Zügen einen normalen, vollwertigen Sitzplatz erhält, wer seinen Allerwertesten auf einem Klappsitz platzieren kann, wer stehen muss und zu guterletzt wer allenfalls wegen drohender Überfüllung des Zuges auf dem Bahnsteig zurückbleibt und bestenfalls ein paar Minuten beziehungsweise im schlechtesten Falls bis zu mehr als einer Stunde auf die nächste Fahrgelegenheit warten muss.

09.10 Uhr sitze ich bereits im Alex nach München. Die 3 5er-Abteile der 1. Klasse sind gut besetzt. Leute die entspannt reisen wollen, haben sich in den vergangenen 3 Monaten vermehrt ans Reisen in der 1. Klasse gewöhnt. Ich bin bald im Gespräch mit einer Dame in den frühen Sechzigern, die ihren Mann einsam am Bahnhof zurücklässt, um zusammen mit einer Freundin ein paar sturmfreie Tage in Wien zu geniessen. Ich bin verwundert wie wenig sie über BahnCard, Passangebote, Spar- und Supersparpreise Bescheid weiss — ja, so ist regelmässiges Bahn fahren schon relativ teuer.




In Schwandorf stehen wir über 20 Minuten lang am Bahnsteig. Grund dafür ist die Verspätung des Alex aus Prag, der hier eigentlich mit unserem Zug vereinigt werden sollte. Nun müssen dessen Reisenden in unseren Zug umsteigen.

Ein junger Mann mit schwerem Gepäck, nimmt in unserem Abteil Platz. Bald sind auch wir im Gespräch. Fabian ist Wirtschaftsfachmann. Er ist auf der endgültigen Heimreise zu seinen Eltern und dem Familienclan in Lörrach, nach einem 2-jährigen Arbeitsaufenthalt bei einem Bier-Konglomerat in Tschechien.



Immer mehr Multis egal welcher Branche, haben Teile ihrer Firmenstrukturen in günstigere Länder ausgelagert und erhofften sich dadurch grössere Gewinne! — auf wessen Kosten? Nach ein paar Jahren bzw wenn sich die Hoffnungen zerschlagen haben, wird in noch günstigere Länder weiterverlagert. Bei jedem dieser Umzüge geht Wissen verloren, werden wissende und dem Unternehmen gegenüber loyale Mitarbeitende in die Wüste geschickt! Alles muss wieder neu aufgebaut werden.

Intensive und spannende Diskussion. Ich habe kaum Zeit aus dem Fenster zu schauen und die schöne, vorbeiziehende, oberpfälzische Landschaft mit ihren vielen Teichen zu geniessen. Im Nu erreichen wir München. Wir haben beide recht viel freie Umsteigezeit. So geniessen wir, gemeinsam stehend, eine Leberkäse-Semmel und ein Bier, bevor Fabian Richtung Mannheim und ich Richtung Memmingen weiter reisen.

Genussvolle Reise durchs Allgäu. Beim Anblick der Teichlandschaften kommt mir in den Sinn, dass heute der erste Tag eines Monats mit R ist und somit die Karpfensaison 2022/23 startet. Dieses Jahr muss ich mal wieder zu einem Karpfenessen, sei es im Markgräflerland oder im Aischgrund oder in der Oberpfalz. In dieser Gegend hier haben die Teichwirte zusammen mit Bayerns Ministerpräsidenten Söder auch wieder ihren obligaten Kampf gegen Kormoran und Fischotter, die Ihnen alle Karpfen wegfressen würden, eröffnet.



Nach 1 Stunde und 3 Minuten Fahrt ab München ist mein heutiger Reisetag vorbei. Ich habe im Gasthof „weisses Ross“ in Memmingen ein Zimmer für mich reserviert. Es gibt ein Buch, ich hab’s in meiner Kindheit erhalten, es heisst »zwischen zwei Zügen« und enthält Fakten, Karten und Sehenswürdigkeiten deutscher Städte. Memmingen ist da wahrscheinlich nicht drin, darum habe ich die Stadt auch nie besucht, bin aber hunderte Male daran vorbei gefahren.

Das historische Hotel liegt nur 5 Fussminuten vom Bahnhof entfernt.



Schnell habe ich eingecheckt und mich meiner Dinge erledigt. Dann aber bemerke ich, dass ich unbedingt zuerst mein Handy laden muss, bevor ich Stadtrundgang starten und weitere Fotos schiessen kann. Das ist der Nachteil beziehungsweise Vorteil der heutigen Zeit: ein einziges Gerät fürs Telefonieren und Fotografieren.
Gemütlich spaziere ich um 18 Uhr vom Hotel weg zum Marktplatz und






weiter zum Westerntor.







Hier kehre ich um, ich hab zwar nur einen kleinen aber dafür den schönsten Teil der Stadt gesehen.






Zurück im Hotel, schreibe ich ein paar Momente lang meine Gedanken und Erlebnisse – auch von gestern noch – in meinen Reiseblog bevor ich mir in der Gaststube eine Kemptener Weisse kredenzen lasse.

Nach dem stillen des grossen Durst esse ich ein deftiges Rossgulasch mit Spätzli. Zum Abrunden dieses Abendmahls geniesse ich eine Crème brûlée, garniert mit allerlei Früchten.

Das war mal wieder ein ausserordentlich genussreicher Tag!