Ich bin wieder fit und uflig! Der Ruhetag bereits am 6. Tag der Reisewoche hat mir sehr gut getan. Ja, ich spüre mein Alter von etwas mehr als 67 Jahren immer mal wieder. Die unregelmässige Arbeit und anderes mehr haben mich frühzeitig verschleissen lassen bzw kaputt gemacht. Nun freue ich mich auf den Ausflug mit der Tannwalder Zahnradbahn.

Schon beim Check-in und auch gestern wieder hatte ich ein Puff mit einer Dame an der Rezeption. Beim Bezug des Hotelzimmers meldete ich, da ich für allfällige Schäden eine Kaution hinterlegen musste, die im Zimmer vorhandenen, recht erheblichen Schäden (Abfluss verstopft, Nachtvorhang halb heruntergerissen und nicht mehr nutzbar, Vorhanglicht nicht ausschaltbar, diverse unübersehbare Abnützungserscheinungen), worauf das Tüpfi meinte, ich müsse für die Schäden aufkommen. Ein anderes Zimmer erhielt ich nicht. Ich war aber dann zu müde ein neues Hotel und Zimmer zu suchen.
Eigentlich wäre ich nun nach 2 Nächten doch gerne noch eine weitere Nacht in diesem Hotel geblieben; ich hätte aber wegen den Problemen im Hotelbuchungssystem zuerst aus meinem Zimmer auschecken, dann mein Gepäck deponieren und am Nachmittag dann wieder neu einchecken und ein weiteres Mal, die bei jedem Kunden verlangte Kaution für das Zimmer bezahlen müssen. Dies war und ist mir aber zu dumm! Ich mache für dieses «Pytloun Grand Hotel Imperial» in Liberec nun Negativ-Werbung!

Wohlverstanden Getränke und Speisen in diesem Hotel sind top, egal ob Abendessen oder Frühstücksbuffet. Heute früh war ich schon vor 7 Uhr am frühstücken. Herrlich diese Ruhe. Als das erste Dutzend Business-Fuzzis gegen halb 8 mit Telefon am Ohr und Tablett in Händen erscheint, bin ich eben fertig mit dem Essen.
Rasch rauf ins Zimmer, Zähne putzen, packen, auschecken. Nein, ich mag nicht schon wieder ein Gestürm — behaltet doch die Kaution und erstickt daran! Um 8 Uhr bin ich auf der Strasse und laufe zum Bahnhof rauf.

Ich finde schlussendlich sogar das richtige Abfahrtsgleis. 3 Regioshuttle Dieseltriebwagen von Stadler Schweiz fahren den Zug.


Da kann schon etwas Stolz aufkommen, oder?!

Zuerst führt die Strecke in vielen Kurven durch dichte Laubwälder, die nur selten einen ungehinderten Ausblick auf die Landschaft gewähren. Die Stationsabstände sind klein, schliesslich haben wir die Vororte von Liberec noch lange nicht verlassen. Es steigen primär Wanderer sowie Mountainbiker ein und Arbeitende aus. Einmal geht die Strecke steil bergauf, dann wieder bergab.


50 Minuten nach der Abfahrt in Liberec erreichen wir das Gebirgsdorf Tanvald, 446 Meter über Meer.



Hier beginnt die eigentliche Steilstrecke der preussischen Zackenbahn. Sie führt über den auf 886 MüM gelegenen Neuweltpass, von Böhmen nach Niederschlesien.


Etwas vor der Passhöhe befindet sich die Grenze zwischen Tschechien und Polen. Zur Überwindung der für damalige Verhältnisse enormen Höhenunterschiede wurden auf 2 bzw 3 Abschnitten total knapp 5 Kilometer Zahnstangen des Systems Abt verlegt.

Die heutigen Reisezüge schaffen diese Strecken von bis zu 60 Promille problemlos ohne Zahnrad. Da kein Güterverkehr mehr stattfindet ist die ehemalige Zahnrad-Zackenbahn heute also ein reines Kulturdenkmal.



3/4 Stunden nach der Abfahrt in Tanvald erreichen wir den vorläufigen Zugsendbahnhof in Szklarska Poreba Gorna. Ab hier nach Jelenia Gora , dem eigentlichen Endpunkt der Strecke in Niederschlesien muss noch ein Gefälle von mehr als 300 Meter absolviert werden. Bis dass die Bahnstrecke fertig rekonstruiert ist, muss die Strecke im BahnErsatzVerkehr (SEV) gefahren werden.



10 Minuten nach der Ankunft in Szklarska Poreba Gorna fahren wir wieder zurück Richtung Tanvald.
Nachdem auf der Hinfahrt Pufferküsser und Schwellenzähler das Fenster zum Führerstand belagert haben, nehme ich mir jetzt dieses Recht auch heraus.










Zurück in Tanvald, mache ich eine einstündige Reisepause, die ich zu einem kurzen Spaziergang ohne Einkehr nutze.




Auf einem Werbeplakat im Bahnhof ist endlich einmal schön zu sehen, was für eine Rosinenpickergesellschaft das Tochterunternehmen der Deutschen Bahn, Arriva ist. Die Eisenbahnstrecken die die grössten Einnahmen versprechen werden herausgepickt und bedient. Die übrigen Strecken sollen von der Staatsbahnen bedient werden, ganz nach dem Motte: Gewinne werden privatisiert, Verluste müssen verstaatlicht werden. Schande über Arriva und andere Rosinenpicker.



Umsteigen in Liberec.





Mit dem Überfahren der Mandau an der Stadtgrenze von Zittau, reise ich wieder einmal in Deutschland ein.

Angesichts der Massen an wartenden 9 Euro Reisenden, ergreife ich die Flucht beziehungsweise steige ich aus. Auf einem Rundgang durch den Bahnhof überlege ich mir kurz, ob ich mit der Dampfbahn ins Zittauergebirge fahren soll.



Wer weiss wie viele Touristen es da oben hat — ich werde mit dem nächsten Zug nach Dresden fahren.
Es sind schon wieder Horden an Heimkehrern auf Bahnsteig 1 in Zittau. Da diesmal aber der Zug aus Dresden einfährt und gleich nach der Ankunft wieder zurückfahren soll, rennen die meisten Reisenden, die sich einen Sitzplatz erhoffen, dem einfahrenden Zug hinterher. Ich bleibe da stehen, wo Kenner der Szene und Eisenbahner stehen. Richtig, 3 Minuten später fährt ein weiterer Triebwagen ein und kuppelt an. Ich finde bequem Platz, habe Anfangs sogar ein Vierercoupé für mich alleine, währen hinten die Reisenden gemäss dem Fahrkartenkontroleur dicht an dicht stehen.


Kurz vor 19 Uhr queren wir die Elbe und erreichen Dresden Hauptbahnhof. Es sind nur ein paar hundert Meter zu Fuss ins gebuchte Ibis.

Zeit für einen Abendspaziergang und Verpflegung aus einer Gassenküche.
