27.03.2021, Abschiedsreise Bulle – Broc

Zusammen mit 5 Freunden, Pinkrailern, will ich heute eine Abschiedsreise auf der Schmalspurbahn von Bulle nach Broc-Fabrique und zurück unternehmen.

1898 baute der in Vevey geborene und arbeitende François-Louis Cailler in Broc seine Cailler-Fabrik für Schokolade. Das Wasser des Jaunbachs bot die Möglichkeit etliche Mühlen zur Schokoladeherstellung zu betreiben. Die Schmalspurbahn Saint-Légier — Châtel-Saint-Denis wurde 1904 eröffnet. In Saint-Légier schloss sie an die bestehende Bahn Vevey—Blonay—Chamby an. In Châtel-Saint-Denis wurde sie mit dem Netz der bestehenden Schmalspurbahnen nach Palézieux und Bulle — Montbovon verbunden. 1912 eröffnete das leider letzte Teilstück der Eisenbahn. Ursprünglich war nämlich geplant diese Eisenbahnstrecke bis Freiburg zu verlängern. Wegen des ersten Weltkrieges wurde die Bahn dann aber nicht gebaut, es blieb bei einer 5.4 Kilometer langen Rumpfstrecke zur Schokoladefabrik beziehungsweise bei der durchgehenden Bahnlinie von Vevey nach Broc-Fabrique, bis 1969 die Züge auf der Strecke Saint-Légier — Châtel-Saint-Denis durch eine Autobuslinie ab Vevey ersetzt wurde. Aus der Traum!

Die Schmalspur nach Broc-Fabrique wurde in den letzten Jahrzehnten immer mehr zum Fremdkörper der unnötig Rollmaterial kostete.

Der Güterverkehr von und zur Schokoladefabrik mittels Rollböcken (obere Abbildung) anstelle von Rollschemeln/Rollwagen (untere Abbildung) ist zwar einfacher geworden, aber immer noch sehr personalaufwendig und hat aufgrund des hohen Totgewichts nur eine beschränkte Kapazität.

Die nunmehr direkten Züge von Bern — Fribourg — Bulle haben an der Endstation ein Stilllager von 40 Minuten. Also ist es naheliegend, dass diese Züge inskünftige 10 Minuten weiter bis Broc-Fabrique fahren.


Es war eine kurze Nacht, nachdem um 0.50 Uhr ein Automobilist sich und sein Fahrzeug, einen enormen Krach verursachend, an der Fahrbahnbegrenzung der nahen Trachtbachbrücke aufgebockt hatte. Nachdem ich sicher war, dass niemand ernsthaft verletzt war, alarmierte ich die Polizei, die eine knappe halbe Stunde brauchte, um von Interlaken oder noch weiter weg, hierher zu fahren.

07.20 verlasse ich mein Daheim. Um 9 Uhr treffe ich in Bern, im direkt nach Bulle fahrenden RE, die Freunde. 09.45 Uhr erreichen wir bereits Romont. Die Bahnstrecke nach Bulle schlängelt sich von da an in endloser Kurvenfahrt durchs Freiburgische Bauernland bis Bulle.

Romont
Romont habe wir vor mehr als 5 Minuten verlassen und erreichen nun Vuisternens-en-Ogoz. Trotzdem ist die Stadt immer mal wieder zu sehen. Das erinnert mich an eine Modelleisenbahn, wo auch alle Orte viel zu nahe nebeinander sich befinden.
Der Moléson ist tief verschneit
Vaulruz
Auch im gemeinsame Depot der Schmal- und Normalspurbahnen der TPF wird gebaut.
Links ein moderner Schmalspurzug nach Palézieux, rechts ein mit Werbefolien überklebter und daher kaum mehr richtig sichtbarer Normalspurzug nach Romont — Fribourg.

Der Bahnhof Bulle für die Züge von und nach Châtel-Saint-Denis — Palézieux sowie Romont — Fribourg — Bern wurde für die Bauarbeiten bereits um 300 Meter Richtung Westen verlegt. Der alte Bahnhof wie auch das Gleisfeld sind komplett verwüstet!

Wir haben eigentlich Zeit für einen kurzen Stadtbummel. Ich kenne die schöne Stadt bereits, deshalb trete ich nur kurz vor die Türe des Gebäudes,

Schön wie sich der Bulle von Bulle der Stadt zuwendet

bleibe dann aber im Bahnhof, trinke einen Kaffee und gehe alsbald den historischen Zug zu fotografieren.

Der Triebwagen wurde 1930 in Betriebgenommen.
Dieser 4-achsige Personenwagen der 3. Klasse von 1930 stand bis Anfang der 1970er Jahre bei der Brünigbahn im Einsatz.

11.15 Uhr fahren wir mit diesem Zug. Bald sehen wir von weitem die Altstadt und das Schloss von Greyerz/Gruyère.

Dann überqueren wir auch schon die Saane und fahren durch das Dorf Broc.

Über eine letzte Geländestufe geht es runter nach Broc-Fabrique.

Wir haben Glück, sind wir so früh schon hier. Ich nehme an, am Nachmittag werde es viel mehr Leute hier haben.

Wir schauen nicht nur dem ausfahrenden Zug nach, sondern besichtigen all das ausgestellte Rollmaterial an.

Kleine Güterlokomotiven, teils mit Stossbalken um mit normalspurigen, auf Rollböcken sitzenden Güterwagen gekuppelt oder verkuppelt zu werden.

Es ist schön, gemeinsam mit ehemaligen Kollegen zu reisen. Ich werde immer wieder auf Dinge aufmerksam gemacht, die ich ansonsten wahrscheinlich übersehen hätte.

Zwei schmalspurige Güterwagen von Cailler sind auch da, der eine ist grösser als wie der andere und hat 4 Achsen und und nicht nur deren 2 Achsen. Dennoch sind beide Güterwagen als K 3 bezeichnet. Wer das wohl so veranlasst hat und warum?

Sehr schön revidiert und aufgemöbelt präsentiert sich der FZ 35 ein kombinierter Wagen für Gepäck und Post. Damit die Postbeamten in Ruhe, sicher vor Räubern und ungestört ihrer Arbeit, dem Sortieren von Briefen und Paketen nachgehen konnten, wurde für Reisende und Mitarbeitende ein Durchgang auf der einen Seite des Wagens gebaut. Die Postwagen besassen früher übrigens alle einen Briefeinwurfschlitz auf beiden Wagenseiten. Der wurde vor 40 Jahren, vorallem bei den Abendzügen, die nach 18.15 Uhr abfuhren, auch noch eifrig benutzt.

Ich erinnere mich wieder an einen Kunden, auf einer der Stationen mit Postbüro, wo ich als junger Betriebsdisponent arbeitete. Wir mussten immer darauf achten, dass wir die Arbeit für beide Arbeitgeber befriedigend gut ausführten. Item, der Kunde bestand jedes Mal darauf, seinen Brief persönlich im Wagen einzuwerfen und nicht uns abzugeben. Er sagte immer, er traue uns nicht! Irgendwann fuhr ein ‚unsichtbarer’ Polizeibeamter im Postwagen mit. Ein paar Tage später stiegen nachmittags 2 Polizisten aus einem Zug aus und begehrten Einlass ins Bahnhofsbüro. Bis am Abend sassen sie unsichtbar da, beobachteten aber jeden Zug und dessen Fahrgäste.

Um halb 7 stand der mir unbekannte Briefeinwerfer wiederum am Bahnhof und tat ’seine Arbeit‘. Der Zug rollte nach der Abfahrt nur ungefähr 100 Meter weit, bevor im Postwagen die Notbremse gezogen wurde. ‚Unser‘ Briefeinwerfer wurde quasi in flagranti als Beleidiger und Droher erwischt, identifiziert und verhaftet.

Bevor wir Broc-Fabrique verlassen, muss natürlich auch noch der so genannte Firmenladen von Nestlé, grad neben dem Bahnhof besucht werden.

Überall steht zwar angeschrieben, die Waren seien um 30-50 % günstiger, gegenüber den Preisen in den Läden. Ich bin leider misstrauisch, habe deshalb einen Tag vorher die Preise von Nestlé Produkten im Coop studiert und schaue deshalb nun etwas genauer hin: Schokoladeprodukte und vieles andere mehr, was irgendwo bei Nestlé produziert wird, wird nicht etwa wie propagiert günstiger, sondern zum gleichen Preis oder sogar viel teurer als in Supermärkten verkauft! Das nenne ich Betrug! Nestlé trickst überall auf der Welt ahnungslose Menschen schamlos aus um den Konzerngewinn zu maximieren (Beispiel Wasser).

Auch den Jaunbach beziehungsweise die Jaunbachschlucht, die gleich hinter der Schokoladefabrik endet, habe ich heute noch nicht gesehen. Den Bach kennt wahrscheinlich keiner meiner heutigen Reisebegleiter. Dabei wäre der Wanderweg durch die Jaunbachschlucht, der an Gletschermühlen vorbei und über Holzstege, Treppen und Brücken, durch Felsengalerien und Tunnel führt, spektakulär-schön. Der Wanderweg endet beim Stausee Montsalvens in der Nähe von Charmey. Ich werde diese wunderschöne Wanderung, nachfolgend der Einweihung der Normalspurbahn nach Broc im Dezember 2022, im Sommer 2023 vorschlagen.

Um 12:32 Uhr starten wir die Heimreise. Schon nach 4 Minuten Fahrt steigen wir aber in Les Marches aus.

Verschiedene Zeitperioden

Wir wollen hier das Schloss, die Kirche sowie die alte Bogenbrücke an der Saane sowie die Eisenbahn auf der Saanebrücke und anderswo fotografieren.

Ein Stunde später stehen wir wieder an der Haltestelle und fotografieren den Zug. Viel zu spät denke ich daran, dass die Haltanforderungstaste zu drücken gewesen wäre.

Auf die Kollegen ist Verlass. Einer von ihnen hat dies gemacht, danke!

Unterwegs nach Bulle sehen wir, dass die Anzahl der Pufferküsser und Fotografen, die auf den stündlichen Zug warten unterdessen doch massiv zugenommen hat.

In Bulle haben wir eine knappe halbe Stunde Zeit für Fotos und anderes mehr.

Ich habe es mir angewöhnt auf dem Heimweg von Eisenbahnausflügen nicht die normalen Reisewege zu befahren, sondern etwas unbekanntere Strecken zu bereisen und Landschaft zu sehen. Es ist schön, dass alle einfach so mitreisen.

Die Heimreise geht also über Semsales

— Châtel-Saint-Denis — Palézieux

— Moudon

— Payerne

— Avenches

— Murten

— Löwenberg (ehemaliges SBB Ausbildungszentrum. Heute verkauft an unbekannte Investoren und nun in Renovation. Jeder hat wohl seine Erinnerungen an wochenlange Instruktionstage)

— Ins

— Täuffelen — Hagneck-Kanal

— Nidau-Büren-Kanal

— Zihl

— Biel/Bienne. Hier verabschieden wir uns. 3 reisen nach Zürich und weiter. Zu zweit reisen wir nach

Bern.

Es war ein schöner Tag mit euch Männern, danke!

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