Der letzte lange Abend ist vorbei. Seit heute Sonntag ist es wiederum 1 Stunde früher dunkel, oh je oh je, das gurkt mich an. Es ist mir ziemlichegal ob wir jedes Jahr zweimal die Uhren um 1 Stunde umstellen oder nicht. Falls die Abschaffung der Sommerzeit beschlossen wird, so hoffe ich aber es werde eine Abschaffung der Winterzeit werden!
Der Tag verspricht noch einmal relativ schön zu sein. Der Himmel ist zwar von Schlieren überzogen, aber was soll’s. Soll ich mich noch einmal auf die Planalp fahren lassen oder soll ich selber fahren, radeln?!
Es dauert heute unendlich lange, bis dass es wärmer als in der vergangenen Nacht wird. Gegen 13 Uhr starte ich auf meinem 3rädrigen Liegestuhl. Während immer noch unzählige Autos in Richtung der Alpenpässe fahren, wende ich mich nach Westen, See abwärts nach Interlaken.
Kaum ausserhalb des Dorfes zweifle ich, ob ich weiter fahren soll, der Himmel überzieht sich rasant.
So rasch aufgeben mag ich dann aber auch nicht. Immer wieder mache ich aber kurze Stopps, schaue zurück auf meinen Heimatort Brienz, knipse eine Foto (wie immer mit dem Handy beziehungsweise Mobilfon).
Kurz nach 14 Uhr erreiche ich Interlaken. Gleite über den Höheweg, zirkle um die Pulks von Touristen aus allen Ländern herum, beobachte Gleitschirmflieger und geniesse die Aussicht zur Jungfrau.
Dann wende ich mich nach rechts, überquere einen der in Zeitungsartikeln am häufigsten beschriebenen Bahnübergänge.
Hier werden immer wieder Mietwagenfahrer, insbesondere solche aus arabischen Ländern ohne Eisenbahnen, zwischen den sich langsam senkenden Barrieren eingeklemmt und Züge zu Schnellbremsungen gezwungen bzw Autos von Zügen wegkatapultiert.
Dann überquere ich die Aare, die hier in mehreren Flussarmen fliesst, und fahre ins Unterseen’er Stedtli ein.
Stadtrundfahrt durch Unterseen bis vor das Tourismuseum. Möchte das Museum gerne mal besuchen, andererseits frage ich mich aber, ob es denn gerade heute sein muss. Ich bin rasch im Gespräch mit einer Einheimischen, die heute das Museum beaufsichtigt.
Die zwei gegenwärtigen Ausstellungen scheinen sehr interessant zu sein: Die spannende Geschichte des alpinen Tourismus und die Sonderausstellung GOLDEN PASS OF SWITZERLAND – Geschichte, Gegenwart und Zukunft eines visionären Bahn-Projektes.
Die beiden Ausstellungen enden noch nicht in den nächsten Monaten. Ich verschiebe meinen Besuch also auf einen anderen Sonntagnachmittag (auch am Mittwochnachmittag geöffnet).
Nach einem ungefähr halbstündigen Schwatz und Gedankenaustausch setze ich meine Stadtrundfahrt fort.
Es ist unterdessen schon recht kühl geworden.
Viertel nach 3 verlasse ich Interlaken, radle dem Aare-Kanal und dem Brienzerseeufer entlang nach Bönigen (https://de.wikipedia.org/wiki/Bönigen).
Also radle ich ohne längere Pausen, nur hin und wieder ein Foto- und Bislistopp durch Bönigen Richtung Iseltwald. Ausser ganz wenigen Radfahrerinnen die mir entgegenkommen, ist die Strasse leer. Links der Strasse am Ufer ein paar übrig gebliebene Sonnenanbeter, rechts neben der Strasse neugierige und weidende Rindviecher.
Der Anstieg nach Iseltwald ist zwar recht steil, aber dank der Unterstützung durch einen Akku kein Problem. Schussfahrt runter in das oberste Dorf auf der linken Brienzerseeseite.
Es ist empfindlich kühl, ich hätte Handschuhe mitnehmen sollen.
Ich bin verwundert, dass bis auf kürzeste Wegstücke am Giessbach, die ganze Strecke asphaltiert ist. Da wird mir bewusst dass ich seit über 20 Jahren nicht mehr mit dem Fahrrad da war.
Immerzu rauf, runter, rauf, runter geht der Radweg. Für Tourenradler ohne Hilfsmotor muss das echt anstrengend sein. Nun begreife ich, warum ich auf der grossen rechtsufrigen Strasse so viele Touren-Radfahrer mit unzähligen Packtaschen und Anhängern gesehen habe.
Immer wieder öffnen sich schöne Ausblicke zum Brienzergrat und nach Brienz selber. Ein mir bis heute unbekanntes Radwegschild macht mich darauf aufmerksam, dass ich nicht nur die Aussicht geniessen soll.
Die Wälder hier auf der linken Seite des Brienzersees sind Feuchtgebiete, mit herrlichen Farnen und Grünpflanzen aller Art.
Dann erreiche ich die Giessbach-Wasserfälle und kurz darauf das Grandhotel Giessbach.
Der Ursprung der touristischen Erschliessung der Wasserfälle ist einem meiner UrUrUrgrossväter, Johann Kehrli (1774-1854) zu verdanken.
Johann Kehrli schuf eigenhändig einen Fussweg vom Seeufer bis zum zweituntersten Fall und stellte eine Sitzbank auf.
Die bauliche Entwicklung des Giessbachs ist Kehrli zu verdanken: der Sitzbank folgten ein einfaches Schutzhaus (1822), dann eine Gaststube und schliesslich das „Gasthaus Giessbach“.
Nachdem ich ein paar Minuten bei den Wasserfällen, die gegenwärtig so winzig klein sind, geblieben bin, fahre ich gemütlich runter bis vor das Hotel.
Hier ist es empfindlich kalt. Rasch bewege ich mich deshalb wieder bergwärts bis ich die Axalpstrasse erreiche.
Die Dämmerung hat eingesetzt. 
Steil führt die Strasse runter. Ich muss noch zwei-drei Mal anhalten und die Aussicht auf den See, die Berge und nach Brienz geniessen. 
Ich staune ob dem starken Autoverkehr auf der A8.
Im letzten Licht des Tages erreiche ich das Seeufer.
Ich bin froh habe ich an meinem Dreirad eine gute Lichtanlage.
Nach einem kurzen Endspurt erreiche ich gegen 18 Uhr mein Haus.
Nur etwas über 40 km bin ich geradelt, es war wunderschön!