Mein lieber Freund Klaus aus Deutschland, ist vergangene Woche unter noch nicht vollständig geklärten Umständen gestorben. Ich kannte Ihn seit über 30 Jahren.
Zusammen mit seiner Frau Anneke, einer Apothekerin aus den Niederlanden, wohnten sie jahrzehntelang in Bern. Sie arbeitete in diversen Apotheken in Bern, Grindelwald und anderswo. Vor ein paar Jahren, als sie immer mehr dement wurde, zügelte sie in ihr Heimatdorf Heerenveen in den nördliche Niederlanden und daselbst in eine spezialisierte Pflegeeinrichtung. Ich habe Anneke unterdessen mehrfach besucht, mal kannte sie mich, dann wieder nicht.
Vor 10 Monaten löste Klaus die gemeinsame Wohnung in Bern auf und zog endgültig nach Heerenveen um.
Nach mehreren Telefonaten und Mails mit Schwester und Bruder von Klaus, sowie weiteren Freunden beschliesse ich am Montag Abend, am Dienstag von Brienz nach Heerenveen in den nördlichen Niederlanden
zu reisen, um am Mittwoch mich persönlich von Klaus verabschieden zu können, sowie seine Frau und seine Familienangehörigen begleiten zu können.
Montag Nacht versuche ich online eine Fahrkarte zu kaufen. Bei den Schweizerischen Bundesbahnen, SBB ist es generell unmöglich, bei der Deutschen Bahn, DB stürzt das System immer wieder ab oder verharrt in Endlosschleifen. Nach 55 zermürbenden und 150 Minuten dauernden endlosen Versuchen gebe ich zermürbt auf.
Je länger desto besser verstehe ich, dass die ganze Welte über die vermaledeite Deutsche Bahn und deren korruptes Magement flucht. Die Leidtragenden sind die EisenbahnerInnen in Zügen und an Schaltern aber auch alle anderen EisenbahnerInnen!
Erwache frühmorgens, packe meine wichtigsten Sachen, verlasse Brienz um 7.33 im Interregio nach Interlaken. Im besten Fall erreiche ich Heerenveen gemäss offiziellem DB Fahrplan um 18.55 oder bei Verspätung eben eine halbe Stunde später. Soweit mein Plan. Die niederländischen Staatsbahnen NS haben zum Glück auch einen Taktfahrplan. Die einzige grosse Unbekannte bleibt die Deutsche Bahn.
Von unterwegs aus schreibe ich diverse Mails an Freunde und versuche immer wieder ein Online-Billett zu kaufen. Habe auch heute kein Glück. Wahrscheinlich wird nur die Kreditkarte belastet worden sein, hahahaha, DB, Deutsche Banditen.
Kurz vor 10 Uhr in Basel, viel zu viele Leute stehen am SBB Schalter in der Warteschlaufe für ein Billett innert der nützlichen Frist von 30 – 50 Minuten.
Frage die Schaffnerin des um 10.13 nordwärts fahrenden ICE nach dem Zuschlag wenn ich einen Fahrausweis im Zug kaufen würde. Mindestens 10 Euro, ermässigte Fahrausweise gibt es nicht, ausser für BahnCard.
Also fahre ich nur bis zur Grenze im badischen Bahnhof mit. Steige im badischen Bahnhof wieder aus. Werde also da ein FIP-Billett für 110 €uro (mit Eisenbahner-Halbtax für Europa für die 2.Klasse) oder einen Supersparpreis Niederlande 159 €uro in 1. Klasse kaufen (einfache Fahrt).
Die Züge sind teils recht gut ausgebucht. Leiste mir also die erste Klasse!
Beim Verlassen des Reisezentrum fällt mir die Erklärung für das leere Reisezentrum und die vielen fehlenden Prospekte auf.
Pünktlich auf die Sekunde verlasse ich im ICE nach Mannheim den badischen Bahnhof in Basel. Geplant ist ein Umsteigen in Mannheim auf einen Intercityexpress-Sprinter nach Düsseldorf, sowie in Arnhem und Zwolle, so dass ich meinen Zielbahnhof um 19:26 Uhr erreiche.
Döse knapp 20 Minuten, bevor ich ein Hotel für heute Abend reserviere. Komisch das 4 Sternehotel ist günstiger als dasjenige mit 2 Sternen. Lese die Tageszeitung, erledige E-Mails, geniesse die vorbeiziehende Landschaft.
Südlich von Friesenheim stehen wir 12 Minuten vor dem Einfahrsignal zum Bahnhof. Ein sehr langer Güterzug (LKW-Walter mit Aufliegern und Pritschen) der uns auf dem Überholgleis hätte aus dem Weg gehen sollen, ist zuwenig weit bzw nicht bis vors Ausfahrsignal in den Bahnhof eingefahren. Wir müssen also warten, bis dass der Cargo-Lokführer seinen Job korrekt gemacht hat. Dann endlich können wir unser Fahrt fortsetzen und den Güterzug überholen.
55 Kilometer weiter nördlich bzw ungefähr 10 Kilometer südlich von Baden-Baden gibt es eine Schnellbremsung. Rote Signale, der Lokführer muss gemäss Ansage eines Zugbegleiters den Befehl zum Überfahren eines roten Signal händisch aufschreiben. Dann geht die Fahrt mit 40 Stundenkilometern weiter bis kurz vor Baden-Baden. Die Verspätung beträgt unterdessen mehr als 30 Minuten.
Mein Anschluss in Mannheim ist weg. Ich erhalte automatisch einen neuen Fahrplan aufs Handy. In Mannheim wird mich 15 Minuten nach dem Aussteigen ein anderer verspäteter Intercityexpress nach Köln mitnehmen.
Habe Zeit im Bahnhof Mannheim Hbf das neueste Produkt der SNCF zu fotografieren. Scheusslich-doofer Name. Da waren mit Sicherheit keine Eisenbahner am Werk, sondern Grafikstinker und Pseudo-Designer!
Zum Glück geht es kurzum weiter. Habe Hunger, bestelle einen Salat, Mineralwasser, ein Glas Wein. Nettes Gespräch mit einer Redakteurin vom WDR Fernsehen, vergesse darob das Fotografieren.
Rassige Fahrt auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke entlang der Autobahn. 10 Kilometer südlich von Köln, wird der Zug langsamer. Köln erreichen wir mit zusätzlicher Verspätung um 15.25, mein Anschlusszug ist natürlich weg.
dafür erhalte ich nun schon wieder einen neuen Fahrplan aufs Mobilfon.
Mit IC2004 soll ich um 15.45 nun weiter nach Oberhausen reisen und dort umsteigen. Ich spaziere durch den Bahnhof.Enorm lange Menschenschlangen vor den Informationsschaltern.Ich mag das Bild nicht sehen, spaziere über den Domplatz.
Regentropfen vom dunklen Himmel. 5 Minuten vor der angezeigten Abfahrtszeit, bin ich auf dem Bahnsteig.
2 Minuten später hat mein Intercity plötzlich 15 Minuten Verspätung. In der Durchsage ist die Rede von einer Fahrleitungsstörung in Koblenz. Mein IC muss offenbar umgeleitet werden. Alle 5 Minuten vergrössert sich die Verspätung um 5 Minuten. Nebenan fährt ein Flixtrain ein.
Begutachte den Zustand der alten, mit farbigen Folien neu beklebten Wagen und der nigelnagelneuen Lokomotive. Ein DB-Zuchef tut dies auch. Interessantes Gespräch, das ich hier aber nicht wiedergeben möchte.
35 Minuten nach der offiziellen Fahrplanzeit verlassen wir endlich Köln Hbf und ich erhalte mal wieder einen neuen Fahrplan aufs Mobilfon. Ich solle nun bis Rheine fahren, dort umsteigen und über Bad Bentheim nach den Niederlanden reisen.
Ein totaler Wirrwarr!
Der Speisewagenkellner bedient mich auf meine Anfrage und gegen Bezahlung, mit einem wohlschmeckenden Cappuccino und einem warmen Beerenkuchen. Das muntert mich wieder auf
Aggressive, tobende Fahrgäste wegen der Trödelfahrt unseres InterCitys.
Plötzlich ein neuer Reiseplan auf dem Handy: ich soll jetzt bis Leer weiterfahren, dort auf den Bahnersatzbus nach Leeuwarden umsteigen und irgendwann nach Mitternacht in Heerenveen eintreffen.
Diese doofen automatisierten Reiseplanungen von DB, die im Stundentakt ungültig werden, gehen mir zunehmend gewaltig auf den Sack!
Das gemischtgeschlechtliche Zugpersonal wagt sich ob der aggressiven Kundschaft nicht mal mehr die Fahrkarten zu kontrollieren.
Ich erkundige mich bei den lieben KollegInnen nach dem Stand der Dinge und ob es für mich nicht einen besseren Fahrplan gäbe.
Sie sind sehr hilfsbereit (DANKE), schreiben meine Fahrkarte um und tun ihr Möglichstes, damit ich noch heute an mein Ziel komme.
Sehr nettes aufheiterndes Gespräch unter Kollegen und über die Probleme der Deutschen Bahn bzw. dessen Management. (Internetsuche: Die Anstalt Stuttgart 21 sowie extra 3 Stuttgart 21)
Endlich in Münster Hbf. Umsteigen!
Spaziergang über den Bahnhofplatz, den ich vom Funtreffen 2019 her (siehe Tagebucheinträge ab 01.06.2019) sehr gut kenne. Von hier geht es weiter mit einem pünktlich verkehrenden Taktzug nach Gronau in Westfalen. Umsteigen nach Enschede, der ersten Stadt in den Niederlanden.
Um 20 Uhr erreiche ich mein Zielland aber noch nicht mein Tagesziel.
Umsteigen, der Code meines Billetts funktioniert an der Bahnzugangschranke nicht. Ein NS Wachmann motzt mich zwar unflätig an, hilft dann aber nach meiner klaren Ansage doch noch.
Wiederum pünktlich auf die Sekunde fährt der schweizerische Flirt ab nach Zwolle. Endlich ein Zug mit Wifi.
Erneutes, letztes Umsteigen auf einen RE mit Steckdosen und kostenfreiem Wifi/WLAN. Versuche Train+Taxi, es funktioniert nicht.
22.56 Uhr, mit dreieinhalb Stunden bzw 210 Minuten bin ich am Zielbahnhof.
Der Taxifahrer am Bahnhof in Heerenveen ist sehr unfreundlich. Er brummelt irgendwas, startet dann den Motor seines Wagen und braust davon, überfährt fast einen Polizisten.
Polizisten die heimkehrende Fussballfans kontrollieren, bestellen mir ein Taxi.
Fröhlicher Fahrer, sehr hilfsbereit, nette Diskussion. Knappe 5 Kilometer weiter, immer noch innerhalb des Dorfes bzw der Stadt befindet sich das Hotel Fletcher Heidehof.
22.45 Uhr bin ich im Zimmer.
Die Odyssee hat ein Ende!
Ich bin noch immer aufgewühlt, Relaxe also nur kurz, gehe dann aber in die Hotelbar, trinke ein dunkles, niederländisches Trappistbier, bevor ich nach Mitternacht in das allzu weiche Bett sinke und bald träume.
Christoph, wunderbahre Reisebeschreibung. Danke fuer deine Anwesendheid in Heerenveen und auf Wiedersehen, Harold de Bock, Holland
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