Trotz offenem Fenster war es stickig und sehr trocken im Zimmer. Hatte deshalb in der Nacht ein kurzes aber heftiges Nasenbluten, zum Glück ohne einen Tropfen an das Bettzeug zu verschwenden. Deswegen auch nur knapp 5 Stunden geschlafen.
Anstatt Frühstück mache ich mir einen Kaffee mit dem obligaten Best Western Wasserkocher und plane den Tag.
Kurz nach 8 Uhr aus dem Hotel, über die Strasse in den Bahnhof rein. Mache noch einmal einen Versuch am Billettautomaten – keine Chance auf eine Platzkarte! Also streune ich bis zur Zugsabfahrt auf dem Bahnhof herum.
8.16 sitze ich deshalb im TER (Train Express Regional) nach Paris. Entspannende Reise entlang von Baggerseen und Karpfenteichen,
sowie durch ‚emmentalische’ Hügellandschaften und entlang dem idyllischen Schifffahrtskanal der Haute Seine und über die Seine hinweg.
Habe Pech, der Zug fährt heute wegen Bauarbeiten auf der Strecke nur bis Troyes. Für die restlichen 150 Kilometer bis Paris gibt es einen Bahnersatzbus. Anstatt 90 Minuten soll die Reise über den Asphalt aber 200 Minuten dauern.
Der erste Bus ist bald mal voll, ich muss mein Gepäck wieder ausladen. Chauffeur 2 weigert sich hinters Steuer zu sitzen, er fahre erst in 2 Stunden. Auch der Fahrdienstleiter und eine energische Frau die sich Organisatorin der Busse vorstellt, kann den Fahrer nicht umstimmen.
Ein weiterer Bus der eben erst parkiert worden ist, nimmt uns auf.
Über Landstrassen und Halbautobahnen geht es Richtung Hauptstadt. Nach diversen regulären Unterwegshalten und Staus erreichen wir nach 2 Stunden Fahrt gegen 13.15 Uhr die ersten Vororte von Paris.
Osterstau allenthalben. Sehr weit vorne, an der Bastille scheint etwas zu brennen. Blaulicht und Sirenen überall. Erste Polizisten und Verkehrslenker berichten von randalierenden ‘gilets jaunes‘. Busfahrer und jüngere Fahrgäste müssen bald einmal mottende Absperrungen und rauchende Autoreifen beiseite räumen, da wir nicht wie die Autofahrer über den Radweg ausweichen können. Noch einmal können wir 250 Meter fahren, dann aber ist Schluss. Es geht weder vorwärts (200 Meter vor uns brennt es lichterloh), noch rückwärts.
Ich mache es wie die meisten anderen Fahrgäste. Ich nehme mein Gepäck und laufe zur U-Bahnstation Bastille.
Endloses treppab, treppauf treppab, treppab, treppauf – endlich erreiche ich den Bahnsteig der gelben Linie.
1 Station weiter ist der Gare-de-Lyon. Erneutes Umsteigen, nun auf die Métro 14, eine führerlose U-Bahn.
Mit nur einem Unterwegshalt, erreichen wir gegen 14.55 den Bahnhof Saint Lazarre. Die anderen Métro-Bahnhöfe durchfahren wir, sie sind wegen den oben stattfindenden Gelbwestenkrawallen geschlossen.
Endloses Gewirr von Rolltreppen. In der 6. oder 7. Etage erreiche ich endlich das Erdgeschoss und somit den Bahnhof.
Reservation zum Intercité um 15.35 nach Cherbourg ist nicht mehr möglich. In der Bahnhofshalle ist es sommerlich heiss. Alles Volk schwitzt! Ich schnöigge eine Weile in einem gekühlten Zeitschriftenladen. Endlich 20 Minuten vor Abfahrt wird das Gleis bekanntgegeben, eine Völkerwanderung setzt ein.
Die Zugchefin am Zugsende herrscht mich bei der Ticketkontrolle grob an, die 1. Klasse sei ausgebucht, ich solle mir einen Sitzplatz im Voiture 01 dem Wagen mit den nicht reservierbaren Sitzplätzen suchen. Henusode.
Dieser Wagen ist schon 10 Minuten vor Abfahrt voll mit müden Frauen und quengelnden Kindern. Ich erkämpfe mir einen GangSitzplatz, verstaue mein Gepäck und schlafe bald ein. Trotz Geschrei kann ich fast 2 Stunden Schlaf nachholen.
Am ersten Haltebahnhof in Caen kurz nach 18 Uhr steigen doch etliche Reisende aus. Ich kann mich nun ausbreiten, habe eine ganze Sitzbank für mich. Nehme mein Tablet hervor und beginne den Abend bzw die Übernachtung planen und Tagebuch schreiben.
Schöne Reise durchs immer flacher werdende Land.
Kurz vor halb 8 ereichen wir Cherbourg-en-Cotentin.
Zum gebuchten Hotel ‚de la Gare‘ sind es nur ein paar Schritte ausserhalb des Bahnhofs, halb so weit wie vom Zugschluss in die Bahnhofshalle.
Auf mein Klingeln hin öffnet eine junge Frau und fragt künstlich verwundert ob ich den wirklich reserviert hätte. Es gibt also entgegen meiner Reservation nur noch ein teureres Zimmer ohne WC und erst noch im 3. Obergeschoss, das nur über eine steile abgewetzte Treppe zu erreichen ist.
Ich kontrolliere kurz im Internet: Unterdessen gibt es keine anderen freien Hotelzimmer in Cherbourg, also willige ich notgedrungen ein!
Kurz verschnaufen, Wifi einrichten und Aussicht auf die Küstenlinie geniessen.
Zu Fuss Richtung Hafen und Innenstadt.
Alle Fischgaststätten sind überfüllt, halbe Stunde anstehen.
Ganz vorne in der Altstadt finde ich das Restaurant ‚le Pantagruels‘, ein Steakhaus.
Ziegenkäsetoast auf Specksalat,
Lammkoteletten mit Pommes, dazu Merlot und Wasser.
Es mundet!