07.30, habe wunderbar geschlafen und nun ein gesunden Hunger. Ausgedehntes Frühstück in entspannter Atmosphäre, rundherum quasselnde Touristen und hektisch auf ihre Mobilfone eindreschende Manager.
Ich geniesse es sehr, nicht mehr in ein Programm eingezwängt zu sein und somit Zeit fürs Leben zu haben!
Packen, auschecken, Spaziergang zum Bahnhof zoologischer Garten. Heute scheint ein hektischer Tag zu sein. Im Minutentakt sehe ich (seit 7.30 Uhr hörte ichs) irgendwelche Fahrzeuge von Blaulichtorganisationen sich eine Gasse durch den alltäglich Verkehrsstau zu bahnen.
Steige gedankenverloren in den falschen S-Bahnzug, bemerke es am Westkreuz aber gerade noch rechtzeitig, dass ich nach Spandau umsteigen muss. Dann fahren wir auch schon an einem Rollmaterialabfuhrzug der Innotrans vorbei, ich habe natürlich die schönsten Fahrzeuge verpasst.
Kurzum fährt die Bahn über die Havel und in den Spandauer Bahnhof ein.
Kurzer Spaziergang rund ums Bahnhofsgebäude, Fotostopp auf dem Bahnsteig, 10.46 fährt der ICE pünktlich ab.
Auf meinem Sitzplatz hat es sich eine Businessfrau bequem gemacht. Sie beansprucht beide Sitzplätze, will mich partout nicht sitzen lassen und quasselt lauthals in ihr Mobilfon, obwohl wir hier in einem Ruhewagen sind. Erst als ich meinen Koffer über ihren Kopf hinweg balanciere, unterbricht sie kurz ihr Gespräch und keifft mich an ‚wenn sie blöder Kerl ihren Koffer auf mich runterfallen lassen haben sie ein Problem‘. So ruhig wie möglich entgegne ich, ich will nur auf meinen reservierten Sitzplatz oder haben sie alle beide Plätze reserviert. Natürlich hat die Dame überhaupt keine Sitzplatzreservation, für was denn auch, sie ist ja schliesslich in Businessfunktion unterwegs?! Ich muss kurz kichern. Die Dame steht auf, rollt mit ihren Augen, räumt weiterkeiffend meinen Sitzplatz und zieht nach ein paar weiteren Minuten endlich einen Wagen weiter. Aufatmen im ganzen Wagen.
Gut habe ich einen reservierten Fenstersitzplatz, wobei es danke Reihenbestuhlung eher ein Fensterbalkensitzplatz ist (Wagen 12, Sitz 75), der die freie Sicht auf die vorbeiziehende Landschaft erheblich einschränkt. Erst in 9 Stunden und 11 Minuten, in Interlaken Ost, werde ich den Zug voraussichtlich wieder verlassen.
Rasante Reise durchs Havelland und über die Elbe.
Der erste Halt ist erst wieder im ehemaligen Westdeutschland, in der VW-Stadt Wolfsburg. Zuerst über eingleisige Nebenstrecken, später über die Neubaustrecke rollen wir südwärts. Eine 5 Minuten Verspätung ab Wolfsburg haben wir auf der Neubaustrecke
bald aufgeholt, so dass der ICE eine Minute vorzeitig in Frankfurt (Main) Hauptbahnhof eintrifft.
Ab hier müsste ich rückwärts reisen. Also versuche ich mein Glück im Speisewagen. Habe Glück, darf essend vorwärts fahren, Farfalle mit Pestososse, dazu Mineralwasser und einen süffigen Rotwein vom Vulkanfelsen Königschaffhauser. Ich wusste gar nicht, dass die Schaffhauser nun einen König haben, anstatt sich der vereinigten Bundesversammlung anzuvertrauen.
Nicht schlechtes Essen und Trinken aber die Bedienung durch Frau Scherrer ist lausig und arrogant. Nicht nur ich muss lange warten. Die Frau möchte nämlich lieber pausenlos mit einer dienstfreien Kollegin schwatzen. Über 10 Minuten lang geht im Restaurant gar nichts mehr, nur Gelächter und banales Geschwätz sind aus der Küche zu hören. Als ich schliesslich in die Küche gehe, um die Rechnung zu bezahlen, herrscht mich Frau Scherrer an: ’sie müssen sich gar nicht so echauffieren, wir dürfen doch auch mal Pause machen, wir sind seit Berlin an der Arbeit!‘
Na, dann gehe ich doch lieber wieder zurück an meinen Sitzplatz in Wagen 12 und lasse mir alsbald einen Kaffee und ein Stück Apfelkuchen durch den freundlich agierenden Herr Aksu, ohne Aufpreis, dafür aber mit einem fröhlichen Lächeln, an den Sitzplatz servieren.
Draussen scheint die Sonne, aber die Menschen auf den Bahnsteigen sind in Jacken gehüllt. Ob wohl eine kalte Bise bläst?
Henusode, ich sitze an der Wärme und mache einen Verdauungsschlaf.
17.35 rollen wir über die Schweizergrenze. Die Abendsonne versteckt sich hinter dem neuen Wolkenkratzer der Roche Chemiefabriken.
In der Dämmerung erreichen wir um 19 Uhr die Bundeshauptstadt Bern. 19.57 Uhr umsteigen in Interlaken Ost. 20.24 Uhr in Brienz. Halb 9 daheim, die Kurzferien sind zu Ende.
Wann gehe ich das nächste Mal auf Reisen?
Du bist ja fast nur unterwegs wenn ich das richtig beurteile! Gruss Oli
LikeGefällt 1 Person