Noch vor dem Start des Herbst- bzw Weinmonats, sind alle Früchte im Gartens geerntet. Auch die Trauben an der Südfassade des Hauses waren so reif und süss, dass es schade gewesen wäre, sie noch länger hängen zu lassen; ich habe den süssen Moment genossen!
Der erste Herbsttag erwartet mich wolkenlos. Ach wie schön wäre es doch in die Berge zu gehen, nochmals zur Oltschiburg vis-à-vis bzw südlich des Hauses oder zum Felsentor hinterm Haus, auf dem steilsten Bergweg zum Brienzer Rothorn.
Aber nein, ich will ins ferne nördliche Land, um an einem mehrtägigen Freundesstreffen der schwulen Eisenbahner und Eisenbahnfreunde teilzunehmen.
Noch ist’s Nacht als ich aufstehe. Der Morgen dämmert als ich das Haus verlasse und mit meinem Koffer zum Bahnhof laufe. Einsam krächzt der Hahn im Garten, sonst ist keine Vogelstimme mehr zu vernehmen — es ist Herbst, die Nächte überwiegen die Tage!
Obligates Umsteigen in Interlaken. Während der Fahrt am Thunersee entlang berühren die ersten Sonnenstrahlen die Berggipfel. Vor 10 in Basel, habe Zeit meine Füsse zu vertreten.
10.13 Uhr fährt der Zug Richtung Grenze ab. Bin zum Glück rechtzeitig bei meinem Sitzplatz, habe also noch Zeit die sowohl innen wie auch aussen total verschmutzten Fensterscheiben zu reinigen. Schon im badischen Bahnhof in Basel werden die letzten freien Sitzplätze belegt.
Ich geniesse die Fahrt, döse immer wieder ein. Der Himmel überzieht sich, immer mal wieder trüben Regensträhnen die freie Sicht. Kurz nach 13 Uhr erreichen wir Frankfurt am Main. Bin verwundert, dass unser Zug nur 2 Minuten Verspätung hat. Bestelle mir aus dem Speisewagen einen Blattsalat mit Hüttenkäse und roter Beete. Dazu trinke ich mitgenommenen Schweizer Alpenkräutertee aus der MIGROS.
Schöne Landschaften auf der alten kurvigen Eisenbahnstrecke. Die seit 30 Jahren in Betrieb stehende Schnellfahrstrecke wird bekanntermassen seit ein paar Monaten generalüberholt (https://bauprojekte.deutschebahn.com/mobile/p/hannover-goettingen).
Kurz vor 17 Uhr erreichen wir die Volkswagenstadt Wolfsburg.
Bald darauf überqueren wir die frühere innerdeutsche Grenze. Nun fahren wir schnell, die Strecke ist neu und Fadengerade! Die Landschaft verändert sich noch immer: grössere, zusammenhängende Ackerflächen, riesige Wälder, Brachland. 17.10 überqueren wir die Elbe.
Der Himmel wird zusehends klarer. Gemäss Wetterprognose soll es hier morgen allerdings überdurchschnittlich viel regnen und auch stürmen!
Kurz nach 18 Uhr endet der Zug in Berlin Hauptbahnhof (tief).
Aussteigen, Füsse vertreten, durch den Bahnhof spazieren, neue Ausblicke erheischen. 18:32 Uhr fährt mein RE nach Angermünde.
Es dunkelt, bald ist tiefe, schwarze Nacht.
Riesengrosses Zimmer, leider aber um geheizt. Also behalte ich die Jacke an, schreibe Tagebuch, schaue fern, lasse die vergangenen Tage Revue passieren und verzichte aufs Abendessen.